Gerhard Schwarz: Die "heilige Ordnung" der Männer

 

Die Abhängigkeit des frühen Menschen von einer Überlebensgemeinschaft prägte das Miteinander von Individuen in besonderem Maße. Seit ewigen Zeiten sorgen Rhytmik, Gruppendynamik, Rituale und ein gemeinsames Wertesystem dafür, dass Gruppen beieinander bleiben und zusammenhalten.

Gruppen können einen unglaublich starken Druck auf ihre Mitglieder ausüben. Zensur und Tabus sorgen dafür, dass innerhalb von Gruppen immer wieder ein Konsens herbeigeführt und aufrecht erhalten wird. Dies hat Auswirkungen auf die Realität, die von Gruppen immer wieder ausgeblendet wird, um den Zusammenhalt der Gemeinschaft nicht zu gefährden.


Universitätsdozent Dr. Gerhard Schwarz (Wien und Klagenfurt) hat erforscht, wie derartige Gemeinschaften ticken und nach welchen Prinzipien sie funktionieren.

 

Seine Erkenntnisse sind manchmal erschreckend, erklären jedoch, weshalb eine Individualgesellschaft andere Normen und andere Standards braucht, als eine kollektivistische.

 

Der Übergang von einer Gruppen-, Clan- oder Sippengesellschaft zu einer Individualgesellschaft ist nicht möglich, ohne dass sich wesentliche Paradigmen ändern.

 

Ein solcher Paradigmenwechsel ist immer mit Unruhen und mit krisenhaften Zuspitzungen verbunden. Derartige Unruhen und Revolutionen hat unser Kulturkreis bereits hinter sich. In der arabischen Welt, die noch sehr der Clan- und Sippenkultur verhaftet ist, finden sie gerade statt. Dort sind eindeutige Individualisierungs- und Emanzipationsbestrebungen erkennbar. 

 

Wer das Buch von Gerhard Schwarz gelesen hat, wird verstehen, weshalb derartige Prozesse immer wieder Krisen auslösen und massive Widerstände hervorrufen. Das hat mit Ängsten und Unsicherheiten zu tun, aber auch mit Machtansprüchen, die jene Kreise in Gefahr sehen, die bisher innerhalb einer Gruppe besonders privilegierte Rechte genossen haben.